Für andere Menschen da zu sein und sie zu pflegen – das ist eine große Verantwortung, erst recht für Kinder und Jugendliche, die sich um Familienmitglieder oder Angehörige kümmern müssen. Rund 480.000 sogenannte Young Carers gibt es in Deutschland. Sie pflegen die demente Oma, helfen dem schwer erkrankten Vater oder ihren Geschwistern mit Behinderung. Sie arbeiten im Haushalt mit oder unterstützen andere Familienmitglieder emotional – mit Nähe, Trost und viel Rücksichtnahme. Neben all diesen Belastungen müssen dann auch noch Schule oder Ausbildung bewältigt werden. Hinzu kommt oftmals noch die bange Frage: Mache ich alles richtig? Bin ich schuld, wenn sich der Zustand des geliebten Menschen nicht bessert oder gar schlechter wird? Young Carers kümmern sich aufopfernd um fast alles. Und wer kümmert sich um sie?
Sabine Metzing, Professorin für Pflegewissenschaften an der Universität Witten-Herdecke, hat herausgefunden, dass pflegende Kinder und Jugendliche nur selten über ihre Situation und ihre Arbeit sprechen. Dabei ist ihre Belastung eine mehrfache: Neben der großen Verantwortung, die sie tragen, haben sie kaum Zeit für Freunde und erst recht keine Zeit für sich selbst. Pflegende Kinder und Jugendliche stellen die Bedürfnisse anderer Menschen über ihre eigenen – und laufen dabei Gefahr, sich selbst zu vernachlässigen. Dabei ist es für Kinder und Jugendliche besonders wichtig, Zeit mit Freunden zu verbringen und eigene Interessen und die eigene Persönlichkeit entdecken zu dürfen.
Eigentlich wissen wir schon seit Jahrtausenden: Wir können nur für andere sorgen, wenn wir hin und wieder auch für uns selbst da sind. Eigentlich logisch. Verantwortung für andere geht nur, wenn wir auch Verantwortung für uns selbst übernehmen. Ein Gedanke, den bereits Philosophen im antiken Griechenland formulierten. Bei Platon ist etwa von „Selbstsorge“ die Rede. Das beginnt bei Grundbedürfnissen wie ausreichend Schlaf, Bewegung und gesunder Ernährung und reicht bis zu sozialen und kulturellen Aktivitäten, die uns unsere Persönlichkeit formen und entwickeln lassen.
Doch wie soll das konkret gehen, wenn der Alltag von ständigen Anspannungen und Zeitdruck geprägt ist? Wie soll man sich entspannen, wenn der Pflegealltag kaum zu bewältigen und kein Land in Sicht ist? Ein paar konkrete Vorschläge können helfen, die eigenen Bedürfnisse auch unter Druck im Blick zu behalten.
Verantwortung teilen
Wo immer es möglich ist, sollte die Verantwortung für die zu pflegenden Menschen auf mehreren Schultern verteilt werden. Gemeinsam ist mehr möglich und der Druck auf Einzelnen nicht ganz so groß.
Austausch suchen
Mittlerweile ist das Thema Young Carers nicht mehr ganz so neu. Entsprechend gibt es viele interessante Angebote – von Beratungsstellen oder Gesprächsgruppen bis hin zum Kochkurs oder Tanzprojekt. Weitere Infos gibt es hier.
Freundschaften pflegen
Mindestens einmal in der Woche ein paar Stunden einplanen, um Freunde zu treffen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Wichtig: Dabei über andere Themen als über die häusliche Pflege sprechen.
Auszeiten nehmen
Fest eingeplante Auszeiten sind wichtig. Mal einen Spaziergang zu machen oder mit Freunden ein Eis essen oder ins Kino zu gehen, hilft wieder neue Kraft für die Betreuung und Pflege zu tanken. Wenn während dieser Zeit keine anderen Familienmitglieder oder Freunde und Bekannte die Betreuung übernehmen können, gibt es möglicherweise Angebote von ehrenamtlichen Begleitern, die Unterstützung anbieten.
Gesund ernähren
Unsere Ernährung trägt maßgeblich zu unserem Wohlbefinden bei. Eine Mahlzeit am Tag sollte darum mit Zeit und Genuss eingenommen werden. Zuckerhaltige Lebensmittel sollten gerade in Stressphasen nur in Maßen konsumiert werden, denn Zucker verbraucht genau die Vitamine und Mineralien, die für starke Nerven wichtig sind.
Sport treiben
Ausreichende Bewegung ist von zentraler Bedeutung für Gesundheit und Stressabbau. Insbesondere Bewegung an der frischen Luft hilft gegen Niedergeschlagenheit und regt den Organismus insgesamt an.
Beratung suchen
Wenn nichts mehr weiter zu helfen scheint – Hilfe suchen. Erste Anlaufstation ist immer die Online-Beratung www.nummergegenkummer.de