Zwei Menschen mit Teetassen sitzen zusammen

Wenn junge Pflegende selbst zu Patientinnen & Patienten werden

Viele Kinder und Jugendliche übernehmen bereits früh Verantwortung für pflegebedürftige Familienmitglieder. Diese Mehrbelastung und das damit einhergehende Gefühl der Überforderung kann zu physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihrer eigenen Gesundheit führen. So zeigen beispielsweise quantitative Studien aus Deutschland und der Schweiz, dass Schülerinnen und Schüler mit Pflegeverantwortung ihre eigene gesundheitsbezogene Lebensqualität statistisch signifikant niedriger einschätzen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Pflegeaufgaben.[1] Diese Ergebnisse deuten grundsätzlich auf ein geringeres Wohlbefinden von jungen Pflegenden hin, die oftmals Gefahr laufen, selbst zu erkranken. Deshalb möchten wir einen Blick auf die gesundheitlichen Herausforderungen junger Pflegender werfen und auf Hilfsangebote verweisen.

Anzeichen für eine physische oder psychische Überlastung gibt es viele. So können beispielsweise körperliche Beschwerden – darunter Muskelverspannungen, Gliederschmerzen, Gewichtsverlust, Verdauungsprobleme oder Hautirritationen – Indikatoren für dauerhafte Überanstrengung darstellen. Aber auch weniger sichtbare Gesundheitsprobleme, wie schlechte Laune, permanente Müdigkeit, Schlafprobleme, Nervosität oder Angst, Stress und Verzweiflung können entsprechende Warnzeichen sein.[2] Im Schulkontext zeigen sich Belastungserscheinungen meist durch absentes Verhalten, Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Leistungsabfälle sowie durch häufiges Fehlen von Hausaufgaben.[3] Lehrkräfte, die diese Symptome bei ihren Schülerinnen und Schülern über einen längeren Zeitraum bemerken, können zur Unterstützung der Jugendlichen entweder auf das Handbuch für Fachpersonal der Beratungsstelle „echt unersetzlich“ zurückgreifen oder sich auf der Pausentaste-Webseite unter dem Reiter „Für Fachkräfte“ informieren. Dort finden sich neben einem umfangreichen Schulmaterialpaket, das Einblicke in die Lebenswelt junger Pflegender bietet und für ihre Bedürfnisse sensibilisiert, auch digitale Materialien für Hochschulen.

Doch was können junge Pflegende selbst und das soziale Umfeld für eine Förderung der Gesundheit tun? Die Online-Plattform des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) „gesund.bund.de“ nennt eine Reihe von Strategien, mit denen Pflegende Belastungen im Alltag besser bewältigen können. Diese beziehen sich auf Pflegende im Allgemeinen, gehen also nicht auf altersbedingte Herausforderungen von jungen Pflegenden ein. Darunter sind unter anderem:

  • Einen Ausgleich schaffen. Seien es Unternehmungen mit guten Freundinnen oder Freunden, regelmäßige Bewegung oder ein kreatives Hobby, jede und jeder von uns braucht Aktivitäten abseits der alltäglichen Verpflichtungen, die uns wieder in Balance bringen. Vor allem Sport kann dazu beitragen, die geistige und körperliche Widerstandskraft zu erhöhen. Wenn du das Gefühl hast, dir keine Zeit für einen solchen Ausgleich nehmen zu können, zögere nicht, dein Umfeld um Hilfe zu bitten oder dir professionelle Unterstützung zu suchen. Angebote, die dich entlasten können, findest du hier.
  • Sich mit anderen Pflegenden austauschen und Beratungsangebote wahrnehmen. Manchmal kann es schon entlastend sein, sich verstanden zu fühlen. Da vielen Menschen ohne Pflegeverantwortung der Bezug zum Thema fehlt, ist es oftmals leichter, mit Jugendlichen zu sprechen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Möchtest du vielleicht selbst eine regionale Vernetzung zum Themenfeld aufbauen, findest du hier einen praktischen Leitfaden, der alle wichtigen Fragen zum Aufbau und zur Umsetzung eines regionalen Netzwerkes behandelt. Einen Überblick über Selbsthilfe- und Angehörigengruppen gibt die deutschlandweite Datenbank NAKOS. Eine kostenfreie Online-Beratung für pflegende Angehörige bietet sowohl die Zentrum ÜBERLEBEN gGmbH als auch die Nummer gegen Kummer. Das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums bietet ebenfalls Hilfestellung rund um das Thema der häuslichen Pflege, auch in Krisensituationen.
  • Offen in der Familie über Gefühle und Krankheitsbewältigung sprechen: Studien haben gezeigt, dass nicht der Grad oder die Dauer der elterlichen Erkrankung auf die (psychische) Gesundheit der jungen Pflegenden einwirken, sondern vor allem der emotionale Umgang und die Bewältigungsstrategien innerhalb des Familiensystems Einfluss auf das Risiko psychischer Erkrankungen junger Pflegender haben.[4] Ängste, Überforderungserscheinungen und eigene Bedürfnisse infolge der Pflege sollten deshalb offen von jungen Pflegenden in der Familie angesprochen werden. Dazu gehört auch, dass Eltern die Belastungen ihrer Kinder im Rahmen der Pflegesituation nicht aus dem Blick verlieren und ebenfalls über ihre Gefühle infolge von Krankheit bzw. Pflegebedürftigkeit sprechen sowie Bewältigungsstrategien aufzeigen. Im Elternbereich der Pausentaste-Webseite sind hierzu Tipps und Informationen aufgeführt.

 


[1]https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-662-65204-6.pdf?pdf=button

[2]https://gesund.bund.de/belastungen-pflegende-angehoerige

[3]https://www.aerzteblatt.de/archiv/200819/Junge-Pflegende-Eine-massive-Ueberforderung

[4]https://www.zqp.de/wp-content/uploads/ZQP_2017_Report_JungePflegende.pdf, S. 96f.