

Pausentaste Close Up – Martin Frank
Im neuen Teil der Close Up-Reihe sprechen wir mit Comedian und Autor Martin Frank.
Möchtest Du Dich kurz vorstellen?
Gerne. Mein Name ist Martin Frank, ich bin 32 Jahre alt und Komiker.
Welches Familienmitglied hast Du gepflegt? Wie kam es dazu?
Ich habe meine Oma und in gewisser Weise auch meine Großtante gepflegt. Kurz vor meinem 20. Geburtstag erlitt meine Oma mit 85 Jahren einen Schlaganfall. Während sich ihr Kopf wieder sehr gut rehabilitieren konnte, machte ihr Körper nicht mehr mit und sie war von da an auf den Rollstuhl angewiesen. Während dieser Zeit erkrankte meine Großtante – die ebenfalls im Haus wohnte – an Demenz und auch sie war immer mehr auf Unterstützung und Pflege angewiesen.
Was waren die größten Herausforderungen in der Zeit, in der Du die Pflegeverantwortung übernommen hattest?
Die größte Herausforderung für meine Oma und mich war der doch eher ungewöhnliche körperliche Kontakt. Meine Oma war sehr katholisch und schambehaftet. Ich hatte mit Anfang 20 natürlich andere Dinge im Kopf als mit meiner Oma auf die Toilette zu gehen oder sie zu waschen. Wenn man aber kein großes Ding draus macht, wird es irgendwann völlig normal. Außerdem war es für uns oft schwierig, die eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten.
Meine Oma wusste manchmal nicht wohin mit ihrer Wut (in Bayern sagt man „Grant“), was ich gut verstehen konnte. Denn obwohl sie im Kopf wieder total fit war, war ihr Körper bei jeder Kleinigkeit auf Unterstützung angewiesen. Und ich war natürlich oft sauer, weil ich mir mein Leben in manchen Momenten einfach anders vorgestellt hatte. Wenn dann zwei Unzufriedene aufeinanderprallen, ist das ein guter Nährboden für Konflikte. Man sollte sich aber dabei immer vor Augen halten, dass das alles menschlich ist und man auch mal wütend sein darf.

Wie hast Du das alles geschafft? Hattest Du manchmal noch Zeit für Freundinnen und Freunde und für Dich selbst?
Zusammen mit meiner Familie. Aber irgendwann waren meine Oma, meine Großtante und ich ein so gut eingespieltes Team, dass wir uns gegenseitig unterstützen konnten. Und da die beiden meist schon kurz nach der Tagessschau ins Bett gehen wollten, hatte ich die Nacht für mich und konnte mich mit Freunden treffen. Mein letzter Gang vor dem Schlafengehen war dann aber immer noch einmal zu meiner Oma und Großtante.
An welchen Stellen hast Du Dir Hilfe gesucht?
Wir hatten damals Hilfe von einem Pflegedienst, der uns sowohl in medizinischen als auch in bürokratischen Fragen unterstützt hat.

Welche Tipps würdest Du jungen Pflegenden mit auf den Weg geben?
Glaubt nicht, dass ihr alles alleine schaffen müsst. Es ist wichtig, sich mit Hilfe von Tagespflegeangeboten, Pflegediensten usw. kleine Auszeiten zu schaffen. Denn auch wenn man jung ist, sollte man die physische und psychische Belastung nicht unterschätzen. Außerdem hilft es, sich mit anderen auszutauschen. Einmal fuhr ich meine Oma und Großtante ins örtliche Pfarrheim zum Krankengottesdienst und als ich gesehen habe, wie viele Leute ihre pflegenden Angehörigen zum Gottesdienst brachten, wurde mir plötzlich bewusst, ich bin nicht allein. Das war für mich ein richtiges Schlüsselerlebnis. Schon allein die Erkenntnis, dass so viele Familien ebenfalls vor einer ähnlichen Aufgabe stehen wie ich, hat mir wieder Kraft für die nächsten Wochen und Monate gegeben.

Bildrechte: © Martin Frank